Eltern für gute Bildung, Elke Möller-Nehring, Erlangen
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Beispiele

Im Folgenden soll anhand von konkreten Beispielen, wie sie von Müttern, Vätern und Lehrern geschildert wurden, gezeigt werden, wie sich bereits jetzt die neuen Lehrmethoden auswirken:

Zu "Jeder findet seinen Weg" im Mathematikunterricht:

Die Mutter eines Zweitklässlers: "Mein Sohn kam gar nicht damit zurecht, als ihm im Mathematikunterricht gesagt wurde, dass jeder seinen eigenen Weg finden solle, wie er die Aufgaben angeht. Er probierte verzweifelt herum, wurde aber immer unsicherer. Da ich dem Ganzen nicht zuschauen konnte, habe mich dazu gesetzt und ihm gezeigt: 'Diese Aufgabe löst man so. Und immer, wenn so eine Art von Aufgabe kommt, löst Du sie so und nicht anders. Und bei dieser Aufgabe genau so und nicht anders.' Das habe ich ihm einfach ganz klar vorgegeben. Damit konnte er dann immer die jeweiligen Aufgabetypen lösen und wurde wieder sicherer. Dann ging es in Mathe bergauf."

Zur "Chancengleichheit" im selbstgesteuerten Unterricht

In einer dritten Klasse einer Grundschule hatten die Lehrer beschlossen, bereits jetzt (Herbst 2014) den LehrplanPLUS umzusetzen, obwohl dies vom Kultusministerium erst ab Herbst 2015 vorgesehen ist. Die Mutter eines Drittklässlers dieser Schule erzählte kopfschüttelnd Folgendes: "In der Klasse müssen sich die Kinder den Stoff mit Hilfe von Arbeitsblättern erarbeiten. Die Schüler bekommen einen ganzen Packen davon und haben den Auftrag, diese in dem ihnen eigenen Tempo abzuarbeiten. Wenn dann diejenigen zu einem bestimmten Thema bearbeitet sind, soll sich der Schüler melden, dann bekommt er zu diesem Zeitpunkt eine Prüfung dazu gestellt. So hat dann jedes Kind zu einem anderen Zeitpunkt die entsprechende Probe geschrieben. Aber einen Tag vor den Weihnachtsferien erklärte die Lehrerin dann den Kinder, dass alle über die Ferien den noch nicht bearbeiteten Rest erledigen müssten, damit im neuen Jahr alle auf dem gleichen Stand seien. Mein Sohn hatte zum Glück keine größeren Probleme in der Bearbeitung der Blätter, so dass er über die Ferien nur noch ein Blatt zu erledigen hatte. Aber es gab Kinder, die noch zehn Blätter nicht geschafft hatten! Die mussten sie in den Ferien bearbeiten! Und das ging bestimmt nur mit Hilfe der Eltern." Was machen die Kinder, die keine Unterstützung von daheim bekommen können? Wie geht es den Schülern, die wissen, dass sie so einen Berg zu erledigen haben, weil sie offensichtlich anders als etliche andere zu langsam waren? Weiß die Lehrkraft, warum die Kinder so unterschiedlich gut vorangekommen sind? Wie unterstützt sie die Entmutigten oder Schwachen?

Referate – Kompetenzorienierung versus Inhaltliches Wissen. Und: Wer kümmert sich um die, die Schwierigkeiten haben?

Im Lehrplan der 7. Klasse Gymnasium Geographie ist vorgeschrieben, dass die Länder Europas anhand von Schülerpräsentationen vorgestellt werden. Meist wird dies als Gruppenarbeit durchgeführt.

Eine Mutter berichtet, wie dies in der Praxis abläuft: "Die vier Jungs haben sich bei uns getroffen, um ein Referat über Rumänien zu erstellen. Ich habe im Vorfeld mit meinem Sohn darüber gesprochen, wie sie da herangehen wollen. Er zeigte mir, dass die Lehrerin ihnen in einem Arbeitsblatt eine Struktur vorgegeben hatte über das Vorgehen: Quellensuche, Themenverteilung, Handout erstellen, Powerpoint-Präsentation. Wir überlegten, welche Bücher wir da hatten und er bereitete sich ein wenig vor. Als die anderen drei kamen, hatte einer eine Liste mit Internet-Links dabei, der zweite ein Tablet-PC zum Mitschreiben und der dritte nichts. Dann saßen sie zunächst etwas desorientiert herum und wussten nicht, wie anfangen. Ich fragte dann, zu welchen Themen sie recherchieren wollten, sie nannten die aus dem Arbeitsblatt der Lehrerin. Ich forderte sie dann auf, in den von uns herausgesuchten Büchern danach zu suchen. Während zwei sich daran machten, probierte einer verschiedene Schriftarten auf seinem Tablet aus, der andere zog sein Handy heraus und wollte Spiele spielen. Ich holte die beiden wieder her und gab ihnen eine konkrete Aufgabe: "Lies Du doch mal diesen Absatz und versuche ihn dann in Deinen eigenen Worten den anderen zusammenzufassen. Und Du jenes Kapitel." So werkelten sie mit Unterstützung eine Weile, und ich ließ sie dann alleine. Später sagten mir mein Sohn und der andere aktivere Junge, dass sofort, nachdem ich gegangen war, nichts mehr lief: Die Jungs probierten im Internet nur noch aus, wie sich mit dem Sprachenübersetzer verschiedene Wörter auf Rumänisch anhörten und hatten ihren Spaß dabei. Die zwei, die etwas konstruktiv tun wollten, waren etwas frustriert.

Beim zweiten vereinbarten Termin sollte jeder eine Stichpunktsammlung für das Handout mitbringen. Allerdinges rief kurz vorher der eine Junge an, er habe seine Punkte per mail geschickt, deswegen brauche er jetzt zum Treffen nicht mehr zu kommen. Der Junge, der beim ersten Treffen bereits so entmutigt war, erschien nicht, ohne sich abzumelden. Auf Nachfrage sagte er, er habe nichts vorbereiten können und sei deswegen nicht gekommen. Die zwei verbleibenden Jungs waren sauer, weil sie sich im Stich gelassen fühlten: Sie wollten gerne ein gutes, ansprechendes Referat halten, was ihnen erschwert wurde, weil die beiden anderen nicht mitzogen (im Übrigen wurde die meiste Zeit nicht für die Inhalte verwendet, sondern dafür, eine schöne Powerpoint-Präsentation hinzubekommen). Also machten sie schließlich auch die Teile, die eigentlich die anderen übernehmen sollten. Der eine, weil er keine Lust hatte, der andere, weil er sich das Ganze nicht zutraute. Bei einem Gespräch mit dessen Mutter erklärte mir diese, dass sie halt gedacht habe, das sei jetzt mal eine Gelegenheit, dass der Sohn etwas eigenständig machen könne. Ich beschloss, der Lehrkraft von dem Ablauf zu erzählen. Die junge Referendarin hörte mir etwas erschüttert zu und sagte, sie habe so etwas schon befürchtet. Aber ihr seien die Hände gebunden, weil der Lehrplan das so vorschreibe. Eigentlich würden bei diesen Referaten allenfalls die etwas lernen, die das jeweilige Land vorstellen, alle anderen hätten nicht viel davon. Und so, wie ich jetzt berichte, wäre es für einzelne Kinder auch wirklich eine Überforderung. Im Grunde müsste sie zu jedem Land in einem Lehrervortrag den Kindern das Wichtigste noch einmal erläutern.

Das ist doch verrückt – welche Zeitvergeudung! Und von der geschilderten Überforderung merkt der Lehrer gar nichts und kann infolgedessen auch nicht unterstützen, weil er ja nicht dabei ist. Die Referendarin sagte am Schluss, dass sie später sicher nicht mehr auf diese Weise die Länder Europas durchnehmen werde."

Wochenplanunterricht – wie die Kinder allein gelassen werden

Die Mutter einer Drittklässlerin berichtet, dass ihre Tochter in Mathematik nach Wochenplan unterrichtet wird. Die Schüler bekommen Aufgabenblätter für eine Woche, die sie nach eigenem Dafürhalten bearbeiten dürfen. Die Aufgaben sind in drei Schweregrade gegliedert. Jedes Kind soll sich für einen Schwierigkeitsgrad entscheiden und dann die Aufgaben in der Reihenfolge erledigen, die es mag. Die Tochter hat sich für den mittleren Schwierigkeitsgrad entschieden – eine realistische Einschätzung ihrer Fähigkeiten, wie die Mutter empfand.

Nach einiger Zeit kam die Tochter zu ihrer Mutter: "Ich kann das nicht, das ist alles blöd!" Die Mutter ließ sich die Aufgaben zeigen und musste feststellen, dass ihre Tochter bei den letzten Aufgaben dieser Aufgabensammlung angefangen hatte, also bei den schwersten. Sie erklärte ihrer Tochter daraufhin, sie müsse mit den ersten Aufgaben anfangen, da das die einfacheren seien, und sich dann vorarbeiten zu den schwereren. Dann könne sie schließlich auch diese bewältigen, weil sie dann die Übung hätte. Die Tochter weigerte sich aber mit dem Argument: "Die Lehrerin hat gesagt, wir dürfen selber entscheiden, mit welchen Aufgaben wir anfangen!" Geduldig wollte die Mutter ihre Tochter davon überzeugen dass es anders einfacher und erfolgversprechender wäre. Ohne Erfolg. Die Tochter beharrte auf der Aussage ihrer Lehrerin. So wandte sich die Mutter an diese und erzählte ihr von dem Vorgang und bat sie, ihrer Tochter doch den Ratschlag zu geben, dass sie von vorne anfangen solle. Dies tat die Lehrerin, jedoch gab sie diesen Rat nur dem einen Mädchen (was diese dann auch umsetzte und so schließlich erfolgreich die Aufgaben bewältigen konnte). Wie es dem Rest der Klasse erging, wusste die Mutter nicht.

Wie sich eine "Legasthenie" entwickelt – die gar keine ist

Ein Fünftklässler kam in die Beratung eines Kinderpsychiaters. Auf die Frage, was der Grund für sein Kommen sein, erklärte der Junge traurig: "Ich habe Legasthenie". Der Psychiater fragte nach: "Was bedeutet denn das?" Junge: "Deswegen kann ich nicht gut Rechtschreibung lernen." Und er zeigt einen Aufsatz, den er geschrieben hatte und der viele Rechtschreibfehler enthielt. Daraufhin bat der Arzt den Jungen, ein Diktat zu schreiben. Er diktierte ihm einen unbekannten Text. Sorgfältig und aufmerksam schrieb der Junge. Seine Schrift war gut leserlich, beim zweiten Mal Vorlesen fielen ihm einige Fehler auf, die er selbsttätig korrigiert. Dann bat der Arzt ihn, anhand der Textvorlage seinen Text zu korrigieren, was der Junge wiederum ernsthaft und sorgfältig tat. Am Schluss, forderte der Arzt den Jungen auf, die Anzahl der richtig geschriebenen Wörter zu zählen: Es waren 96. Und die falschen? Es waren zwei: "Hare" und "das kegeln". Der Junge freute sich sehr. Der Arzt erklärte ihm daraufhin, dass sein Problem nicht sei, dass er nicht rechtschreiben lernen könne – er habe die Rechtschreibregeln gut verstanden und könne sie, wenn er sich darauf konzentriere auch gut anwenden. Das Problem sei nur, dass er, wenn er beim Aufsatzschreiben sich auf das konzentriere, was er schreiben wolle, die Konzentration nicht mehr darauf liege, wie man es schreibt. Und da heutzutage in der Grundschule nicht mehr genügend Zeit darauf verwendet werde, die Rechtschreibung zu verinnerlichen, können viele Schüler sie nicht mehr automatisch korrekt anwenden. Das liege nur an der mangelnden Übung, und das könnten sie beide – der Arzt mit dem Jungen – jetzt in den kommenden Wochen in Ruhe nachholen.

Der Junge fasste von da an wieder Mut und Zuversicht in seine Fähigkeiten und übte fleißig, so dass sich nicht nur die Rechtschreibung verbesserte, sondern er auch insgesamt schulisch wieder mehr Zutrauen in sich und seine Fähigkeiten entwickelte.

Bericht einer Grundschulmutter:

Ich bin Mutter von mehreren Kindern. Da ich auch noch die Arbeitsmaterialien meiner älteren Kinder zuhause habe, fiel mir bei den Schulbüchern und Arbeitsheften meines Schulanfängers sofort auf, wie bunt und "verspielt" diese neuen Bücher und Hefte sind. Für die Arbeitsmaterialen habe ich auch bereits im ersten Schulhalbjahr eine größere Summe gezahlt. Außerdem fiel mir auf, wie oft sich die Kinder für verschiedene Möglichkeiten entscheiden sollen, z.B. wie sie den Buchstaben "z" in Schreibschrift schreiben sollen, oder auf welchem Weg sie zur Rechenlösung gelangen möchten.
Was mich auch besonders stört, Zeit, Geld und Nerven kostet, sind die zahllosen zusätzlichen Kopien und Arbeitsblätter. Mein Kind muss viele Arbeitsblätter ausschneiden bzw. in die passende Form schneiden, ins Heft einkleben oder in die richtige Mappe einordnen. Das kannte ich bisher in diesem Ausmaß noch nicht und hat mich spontan an die Büroarbeit einer Sekretärin erinnert.
Sein Lehrer kopiert für die neuen Unterrichtsmethoden wie beispielsweise Wochenplan, Stationen-Training, Lernzirkel und Lerntheke viel Papier. Warum aber müssen bereits Erstklässler mit Unmengen an Arbeitsblättern, großen und kleinen Heften, Schnellheftern, Arbeitsheften und Sichthüllen konfrontiert werden? Wären die Schulbücher mit genügend sinnvollen Aufgaben und vor allem Übungen ausgestattet, wäre dieses Durcheinander doch gar nicht nötig. Lehrer, Schüler und Eltern bringen Zeit, Geld und Nerven für den "Blätterwust" auf. Auch der Klebestiftverbrauch meines Kindes ist enorm.
Ich finde alleine diese Schulentwicklung bezüglich der Lernmaterialien sehr traurig. Es könnte doch viel effektiver, geordneter und ruhiger im Unterricht gearbeitet werden. Warum denn kein gemeinsamer Unterricht?

Weitere Beispiele